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Von Heike Löschmann, Leiterin des Regionalbüros Südostasien der Heinrich-Böll-Stiftung in Chiang Mai
Am 2. Mai hat der Zyklon Nargis die burmesische Deltaregion erfasst und Teile eines Landes verwüstet, das ohnehin schon am Rande einer humanitären Krise stand. Laut UN-Angaben sind 102.000 Menschen tot, 220.000 werden vermisst und etwa 2 Millionen sind durch Obdachlosigkeit, Seuchen und Nahrungsmittelknappheit unmittelbar betroffen. Knapp die Hälfte der 54 Millionen Einwohner Myanmars/Burmas lebt im Delta des Irrawaddy Flusses. Es ist nicht nur die bevölkerungsreichste Gegend, sondern auch die Reisschüssel des Landes. Große Teile der eingebrachten Ernte sind zerstört. Eine 35 Kilometer ins Land reichende Flutwelle wird zu einer Versalzung der Böden führen. Auswirkungen auf die Reisversorgung im Land sind demzufolge zu befürchten.
Am 10. Mai fand ein landesweites Referendum als wesentlicher Meilenstein auf dem „Weg zu einer disziplinierten Demokratie“ statt. Es wurde über einen Verfassungsentwurf abgestimmt, der die Weichen für die Wahlen im Jahr 2010 stellen soll. Bereits im Vorfeld gab es aus dem Westen heftige Kritik am Prozess und Inhalt der Verfassung.
Als sich die Nachrichten über das ganze Ausmaß der Katastrophe verdichteten, war zunächst davon auszugehen, dass die Militärregierung das Referendum zurückstellen und sich vorrangig der nationalen Katastrophensituation widmen würde. Der UN-Generalsekretär hatte sich dafür in einem Telefonat mit Junta-Chef Than Shwe sogar persönlich eingesetzt. Das Referendum fand dennoch wie geplant statt. Lediglich in 47 Townships (kommunale Verwaltungseinheiten) in den zerstörten Gebieten wurde die Abstimmung auf den 24. Mai verschoben.
Zynismus und Verantwortungslosigkeit
Es war für die internationalen Helfer schon befremdend genug zu sehen, welche Prioritäten die burmesische Regierung trotz der sich abzeichnenden humanitären Katastrophe setzte. Was dann aber folgte, kann an Zynismus und unverantwortlichem Regierungshandeln kaum noch übertroffen werden. Die westlichen Medien haben ausführlich darüber berichtet, was bisher in der Geschichte der internationalen Not- und Katastrophenhilfe einmalig ist: die Beschlagnahmung von UN-Hilfsgütern, die Verweigerung von Visa für internationale Desastermanagement-Teams und bürokratische Blockaden. Das wiederum führte zunächst dazu, dass die Lieferung von UN-Hilfsgütern ausgesetzt wurde, bis es zu einem – wenn auch fragilen - Kompromiss zwischen Regierung und UN kam.
China, Indien und einige ASEAN-Länder, die ihrerseits ebenfalls Sach- und Geldspenden eingebracht haben, halten sich auffallend zurück. Das betrifft sowohl ihre Presse als auch sichtbares diplomatisches Handeln. Diese Staaten sind daran interessiert, Myanmar/Burma auf einen Weg zu formaler Demokratisierung zu bringen. Auch sie sehen im Referendum einen wichtigen Schritt dafür.
Angesichts dieser Umstände hätte der Zeitpunkt der Katastrophe unglücklicher nicht sein können. Die Zyklonopfer wurden zu Geiseln eines paranoiden, seit Jahren von den Realitäten isolierten, primär an der eigenen Machtsicherung interessierten Führungsclique, die um die Interessenlage der Nachbarn weiß und Druck ihrerseits nicht ernsthaft befürchten muss. Auch Japan schweigt: Der bis zum Tod eines japanischen Fotojournalisten während der Mönchsdemonstrationen im Oktober 2007 größte Geber humanitärer Hilfe war während der Unwetterkatastrophe fünf Tage lang mit dem Staatsbesuch des chinesischen Premiers Hu Jintao befasst. Japan beteiligt sich mit zehn Millionen US-Dollar Nothilfe, die über das Welternährungsprogramm der UN abgewickelt werden sollen.
Der machtlose Westen
Die Reaktionen des Westens interessieren Than Shwe, den allmächtigen General, der allein die Entscheidungen trifft , nicht. Ohne Druck der Nachbarländer wird die Junta nicht einlenken. Spätestens seit der Niederschlagung der Mönchsdemonstrationen wissen die Militärmachthaber aber auch, dass sie den Zorn des eigenen Volkes fürchten müssen. Die Generäle haben verstanden, dass ihr Machterhalt durch die massive Präsenz internationaler Hilfsorganisationen, gar von US-Marines wie während der Nothilfeeinsätze in Thailand und Indonesien nach dem Tsunami, im Krisengebiet gefährdet ist. Deshalb werden sie sich nur auf für sie vertretbare Kompromisse einlassen und die Kontrolle der Hilfsmaßnahmen nicht aus der Hand geben. Nur so können sie daraus politisches Kapital schlagen und verhindern, dass sich durch den Einfluss internationalen Krisen- und Wiederaufbaumanagements im eigenen Land Widerstand gegen das Regime regt. Solange sich die Position der Nachbarn China und Indien und der ASEAN-Verbündeten nicht grundsätzlich ändert, können die Generäle ihre Macht als Geiselnehmer ihres Volkes relativ ungestört ausspielen.
Angesichts dieser Sachlage hatte der französische Außenminister Kouchner vorgeschlagen, das politische Prinzip „Responsibility to Protect“ (Verantwortung eines souveränen Staates für den Schutz seiner Bevölkerung, in der UN-Sprache R2P genannt) anzuwenden, um Hilfsaktionen auch ohne Genehmigung der burmesischen Regierung durchzuführen. Kouchner hatte am 10. Mai vor der Presse erklärt, dass Frankreich bereit ist, auch ohne Genehmigung der burmesischen Regierung ein Militärschiff mit Hilfsgütern zu entsenden und durch eigenes Personal entladen und verteilen zu lassen. Diese Aussage wurde am darauffolgenden Tag aber zurückgezogen.
China und Indonesien hatten diese Option bereits in informellen Konsultationen zurück gewiesen. Sie wollen einen Präzedenzfall verhindern und können sich dabei der Unterstützung des globalen Südens sicher sein.
Externe Unterstützung ist dringend notwendig
Wenn die Generäle nicht einlenken und anerkennen, dass eine Katastrophe diesen Ausmaßes und ihre Folgen nur mit externer Unterstützung zu bewältigen sind, wäre es denkbar, im Sicherheitsrat auf der Grundlage des Prinzips R2P ein Mandat für ein militärisches Eingreifen zu erwirken. Dabei ist mit dem Veto von China und Russland zu rechnen. Im Unterschied zu dem Versuch im Januar 2007 auf der Grundlage Bedrohung der internationalen Sicherheit eine Resolution im Sicherheitsrat einzubringen, um in Myanmar/Burma zu intervenieren, besteht derzeit eine Krisenkonstellation, in der R2P eine Handlungsgrundlage bietet.
Die Erfahrung der Vergangenheit lässt vermuten, dass die Militärjunta ihr Stop-and-Go-Spiel fortsetzen wird und gerade immer so viele Zugeständnisse macht, wie nötig sind, um die Uneinigkeit der internationalen Gemeinschaft aufrecht zu erhalten und damit ihre Entschlossenheit zum Handeln zu schwächen. Die Opfer des Zyklons Nargis und ihre Helfer befinden sich im Würgegriff der Militärjunta.
Internationale Hilfe auf Eis
Weitgehende Einigkeit bestand innerhalb der internationalen Gemeinschaft zunächst in der Auffassung, dass alle politischen Kontroversen in den Hintergrund rücken und man sich für eine konzertierte Hilfsaktion einsetzen muss. Notwendig ist dabei ein Planungskonzept, das über die unmittelbare Nothilfe hinaus auch mittel- und langfristige Stabilisierungs- und Wiederaufbauprozesse erfasst. Das ist angesichts der gespaltenen Interessenlage zwischen dem Westen und Burmas Nachbarstaaten eine riesige Herausforderung.
Die Junta hat die Welt wissen lassen, dass sie derzeit nur an Sach- und Geldspenden interessiert und (immer noch) nicht bereit ist, ausländische Helfer und Medienteams zuzulassen. Das zentrale Problem für die internationalen Helfer besteht darin, dass die Junta die uneingeschränkte Macht und Kontrolle über das Land hat und damit die Bedingungen für das unmittelbare Krisenmanagement und die Nachfolgeprozesse diktieren kann. Gleichzeitig verfügt sie aber weder über die administrativen noch strukturellen Kapazitäten und Ressourcen, um eine Katastrophe diesen Ausmaßes zu bewältigen.
Die Kombination aus paranoider Angst vor Machtverlust, dem tiefen Misstrauen gegenüber den Hilfsangeboten und ihren Folgewirkungen sowie der offenkundigen Absicht der Militärmachthaber, aus der Krisensituation politisches Kapital zu schlagen, lässt den UN-Verhandlern derzeit wenig Raum, um auf internationalen Normen zu bestehen. Die Tatsache, dass UN-Hilfsgüter von der Regierung konfisziert wurden, hat es in der Geschichte der Katastrophenhilfe noch nicht gegeben und führte zunächst zur Unterbrechung der Hilfsflüge. (...)
Handlungsraum für nationale und internationale Nichtregierungsorganisationen
Wie wenig Handlungsraum der internationalen Gemeinschaft eingeräumt wird, zeigt auch der Umstand, dass nicht einmal Internationale Nichtregierungsorganisationen, die mit ihrem ausländischen Personal bereits vor Ort sind, uneingeschränkt tätig werden können. Diese Organisationen sind seit Jahren im Land und arbeiten im Rahmen eines Abkommens mit Regierungsbehörden in der humanitären Hilfe. Diese Abkommen beschränken sie aber auf festgelegte Einsatzgebiete, und nur einige dieser Organisationen waren vor dem Sturm im Deltagebiet zugelassen. Sie können auf ausgebildetes lokales Personal zurückgreifen und mit einem rasch zu mobilisierenden Netzwerk von Freiwilligen auch im Delta und weiteren Townships in der Yangon Division tätig werden. Sie mussten in den vergangenen Tagen ausschließlich auf ihre eigenen Vorräte zurückgreifen und einige Nahrungsmittel auf dem lokalen Markt kaufen, wodurch die Preise noch zusätzlich stiegen. Es ist zu hoffen, dass im Rahmen der neuen Kompromissformel wenigstens diese Strukturen optimal genutzt werden können.
Seit dem 11. Mai berichten Mitarbeiter internationaler NRO, dass es nun auch für sie möglich ist, wenigstens ihr lokales Personal zu entsenden. Das ausländische Personal hingegen muss mit wenigen Ausnahmen in Yangon bleiben, kann aber Logistik und Nachschub organisieren. Für Deutschland vor Ort sind beispielsweise die Deutsche Welthungerhilfe und die Malteser International tätig, die inzwischen sicherstellen können, dass die Hilfe ankommt. (...)
Inzwischen besteht auch die vorsichtige Hoffnung, dass die Generäle nach Durchführung des Referendums ihre Haltung zur Zulassung internationaler Krisenhelfer ändern könnten. Es gibt Signale, dass ab Montag in der Botschaft in Bangkok Visa erteilt werden, so dass Desastermanagement-Experten einreisen dürfen. Das ist bisher allerdings nicht erfolgt. Ein weiterer Indikator ist die Landeerlaubnis für einen US-Luftfrachter für den 12. Mai.
Normalerweise sind Krisenhelfer nach 48 Stunden in den Einsatzgebieten, um den Ausbruch von Seuchen zu verhindern. Inzwischen sind zehn Tage verstrichen, und es wird mit starken Regenfällen und sogar Folgestürmen gerechnet. Wenn es weitere Verzögerungen bei den Hilfsleistungen gibt, kann es zu einem Massensterben infolge von Seuchen und Hunger kommen.
Aber selbst angesichts dieser Zuspitzung ist nicht zu erwarten, dass sich das sture Verhalten der Militärs plötzlich in Luft auflöst. Die grundsätzliche Interessenlage der Militärs besteht fort: zu kontrollieren und sich selbst als Helfer in der Not in ein gutes Licht zu rücken oder Nothilfe gar im Handel für Ja-Stimmen für die verschobene Abstimmung in den zerstörten Gebieten einzusetzen. Internationale Presseberichte, die auch in der isolierten Hauptstadt namens Naypyidaw mitverfolgt werden, nährt die Angst der Generäle, dass der Westen die Situation für einen Regimewandel ausnutzen könnte. Vor diesem Hintergrund gab es auch Kritik seitens der Hilfsorganisationen an der von Kouchner eingebrachten Diskussion um R2P, weil sie ihren Spielraum gegenüber ihren psychopatischen Verhandlungspartnern weiter eingeschränkt sehen.
Warum die Nachbarn und die großen Länder Asiens schweigen
Nur Druck der Nachbarländer, vor allem aus China, aber auch aus Indien und von Seiten der ASEAN –Länder könnte die Militärregierung umstimmen. Die thailändische Presse berichtete ausführlich und auch kritisch über das unkooperative Verhalten der Regierung Myanmars. Es gab inzwischen erfolgreiche Vermittlungsversuche des thailändischen Militärs, amerikanische Großraumfrachtflüge zuzulassen. (...)
Dass China wenig unternommen hat, um die Generäle zum Einlenken zu bewegen, überrascht nicht. Aber auch Indien hat sich auffallend zurückgehalten. Indien hatte 2004 während der Tsunami-Katastrophe ebenfalls nur Sach- und Geldspenden angenommen und aus Angst vor Spionage keine internationalen Hilfsteams zugelassen. Beide Länder haben Hilfsgüter nach Myanmar/Burma geschickt, sich aber angesichts der Behinderungen der internationalen Hilfsmaßnahmen weitgehend zurückgehalten. Sowohl China als auch Indien haben Wirtschaftsinteressen in Myanamar/Burma und wollen Grenzprobleme unter Kontrolle halten. Sie unterstützen den von der Junta gewählten Weg hin zu einer disziplinierten Demokratie, und dafür war auch das Verfassungsreferendum gedacht, das weder im Vorbereitungsprozess Legitimität besaß noch in der Durchführung frei und fair verlief. Zahlreiche Berichte vom Tag der Abstimmung bestätigen, dass die Menschen um ihre freie Meinungsäußerung betrogen wurden und an vielen Orten lediglich eine Scheinabstimmung stattgefunden hat, deren überwältigende Zustimmung mit mehr als 80 Prozent in den burmesischen Medien bereits gefeiert wurde. Der Verlauf des Verfassungsreferendums in Thailand 2007 verwies erneut darauf, dass in der Region andere Normen gelten und die Nachbarländer nicht nur kein Interesse an einem kritischen Monitoring haben, sondern dazu auch nicht legitimiert sind. Darüber hinaus besteht Konsens über das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Scheindemokratie oder defizitäre Demokratie ist mit Ausnahme Indiens in der Region eher die Regel als die Ausnahme.
China und Indien haben ebenso wie die anderen ASEAN-Staaten kein Interesse an einem stärkeren Einfluss des Westens in Myanmar/Burma. Das könnte sie dazu verleitet haben, die Position der Militärregierung zu stützen, ausländische Hilfe auf Sachmittel zu begrenzen. Das volle Ausmaß der Sturmkatastrophe ist in der Zwischenzeit bekannt, und die Erfahrungen des Tsunami haben gelehrt, dass kein Land mit einer solchen Situation allein fertig werden kann. (...)
Der Imperativ des schnellen Handelns – Anwendung des Prinzips „Responsibility to Protect“ (R2P)?
Um eine weitere Zuspitzung des ohnehin immensen Ausmaßes der Krise zu verhindern, gäbe es die Möglichkeit, die Anwendung des Prinzips R2P zu erwägen. Sollten sich die Militär-Machthaber Myanmars zehn Tage nach dem Zyklon dem Druck von außen nicht beugen oder auch nicht aus eigener Erkenntnis heraus tätig werden, um den Überlebenden umgehend die nötige Versorgung zukommen zu lassen, sollten sie das Land aus perfidem Stolz, Fremdenhass und paranoidem Verfolgungswahn weiterhin verschließen wollen und ein Massensterben durch Seuchen und Hunger billigend in Kauf nehmen, dann kann das Argument geltend gemacht werden, dass ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegt.
In einer von der kanadischen Regierung 2001 in Auftrag gegebenen Studie der International Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS) mit dem Titel “Responsibility to Protect” , wurde dieses neue Prinzip für UN-Handeln als Gegenstück zum „Right to Intervene“ (Recht auf Intervention) in die internationale Diskussion eingebracht. Die Studie enthält das folgende Fallbeispiel: "overwhelming natural or environmental catastrophes, where the state concerned is either unwilling or unable to cope, or call for assistance, and significant loss of life is occurring or threatened". Militärische Gewalt gälte für diesen Fall als gerechtfertigt. Gareth Evan, der Präsident der International Crisis Group und Co-Chair der oben genannten Kommission ICISS, macht in einem aktuellen Kommentar im britischen The Guardian deutlich, dass der französische Außenminister mit seinem Vorstoß die Handlungsoption auf der Grundlage von R2P auf erzwungene Hilfeleistung begrenzt hat. (...)
Wenn sich also herausstellen sollte, dass die Hilfsmaßnahmen vor Ort nicht ausreichen, um den Ausbruch von Seuchen und damit Massensterben zu verhindern und das Regime weiterhin nicht einlenkt, wäre es denkbar, R2P anzuwenden und eine entsprechende Resolution im Sicherheitsrat einzubringen. Es gibt im Rahmen der UN-Charter im vorliegenden Fall keine andere Rechtfertigung für externes militärisches Eingreifen. Ein solcher Versuch war im Januar 2007 bereits gescheitert, als die Antragsteller Handlungsnotwendigkeit wegen Bedrohung der internationalen Sicherheit sahen. Ein Antrag im Sicherheitsrat zum Eingreifen in Myanmar/Burma würde auch vor dem aktuellen Hintergrund den Widerspruch Chinas, Russlands und anderer Mächte in der Region hervorrufen, hätte aber eine legitime Grundlage.
„Responsibility to Protect” im Rahmen des „Rechts auf humanitäre Intervention“ umfasst drei Grundprinzipien: Prävention, Intervention und Wiederaufbau. Verantwortung für Wiederaufbau bedeutet: “to provide, particularly after a military intervention, full assistance with recovery, reconstruction and reconciliation, addressing the causes of the harm the intervention was designed to halt or avert.” Das bedeutete im Fall von Myanmar/Burma, zunächst den gesamten Prozess von Staats- und Regierungsaufbau zu begleiten und darüber hinaus Staatsbildungsprozesse und Interessenvermittlung zwischen verschiedenen ethnischen Völkern auf dem Territorium der Union von Myanmar zu organisieren. Angesichts der Komplexität der Interessenlage im Vielvölkerstaat, dessen Nationenbildungsprozess seit 1948 in der Sackgasse steckt, handelt es sich um eine Herausforderung, der die externen Eingreifer möglicherweise nicht gewachsen sind oder sich auch nicht stellen wollen.
Es wäre in der Tat ein Spiel mit dem Feuer, jene Brandbombe eben, von der Großbritanniens Entwicklungshilfeminister Douglas Alexander in der vergangenen Woche sprach, wenn man sich nicht von vornherein im Klaren ist, welche Verantwortung eine Intervention auf der Grundlage von R2P und ein damit verbundener von außen erzwungener Regimewechsel für die internationale Gemeinschaft mit sich bringt und welche Zeithorizonte das umfasst.
Der Westen steht im Umgang mit der Krise in Myanmar/Burma vor einem Dilemma. Er schreckt vor einem weiteren Irak oder Afghanistan zurück, will aber kein weiteres Kambodscha, Rwanda oder Srebrenica.
R2P ist angesichts der politischen Realitäten eher eine theoretische Möglichkeit. Noch hat die Militärjunta das Heft des Handelns in der Hand und diktiert die Bedingungen. Noch. Wie lange noch?